Besuchsrecht: Freie Wahl des Urlaubsortes

Urlaub in der Türkei, Fernreisen zu außereuropäischen Zielen – wohin darf ein Elternteil mit dem minderjährigen Kind reisen. Angesichts der Zunahme von politischen Unsicherheiten oder gar terroristischen Anschlägen in bislang beliebten Urlaubsregionen wird häufig auch über das von einem Elternteil für die Reise mit dem Kind in Aussicht gestellte Urlaubsziel gestritten.

Es gilt: der umgangsberechtigte Elternteil kann grundsätzlich den Aufenthalt des Kindes während der Ausübung des Umgangsrechts allein bestimmen. Dies ist Teil seiner Befugnis, über die näheren Umstände der tatsächlichen Betreuung zu entscheiden und leitet sich damit aus dem Umgangsrecht ab.

Dies gilt auch bei einem Ferienumgangsrecht  für die Wahl eines im Ausland gelegenen Urlaubsorts. Auch insofern ist nach der neueren Rechtsprechung  der Umgangsberechtigte frei, den Ort des Ferienaufenthalts zu bestimmen,  sogar bei Fernreisen zu außereuropäischen Zielen.  

Einschränkungen sind gegeben, wenn aufgrund besonderer Umstände die Wahl des Urlaubsorts (Kampfgebiete in der Ostukraine oder in Syrien) gravierende Auswirkungen auf das Kindeswohl hat, so dass die Entscheidung erhebliche Bedeutung für das Kind erlangt. Dann ist das gegenseitige Einvernehmen der beiden sorgeberechtigten Elternteile erforderlich. Viele Gerichte orientieren sich bei Auslandsreisen an Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes. Andere Gerichte haben darauf abgestellt, dass das subjektive Empfinden eines Elternteils relevant ist und die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes auch wirtschaftliche und diplomatische Auswirkungen im Blick hätten. Diese seien mit dem Kindeswohl nicht identisch.

Ist ein Elternteil allein sorgeberechtigt, ist dieser bei der Wahl des Orts wesentlich freier. Er kann aus rechtlicher Sicht Zeit und Ziel der Reise mit dem Kind allein bestimmen. Für eine Reise in ein Krisengebiet hat der Elternteil, der nicht sorgeberechtigt ist, kein Vetorecht.

In der Regel sind Reisen, insbesondere ins Ausland, von der Sorge beider Eltern um ihre Kinder begründet. Daher empfiehlt es sich, die Bedenken des anderen Elternteils ernst zu nehmen und diesen in die Urlaubsplanung einzubeziehen. Dies kann erfolgen durch eine möglichst frühzeitige Information über Reisepläne und Informationen über den Urlaubsort.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, Oldenburg, zugleich Fachanwalt für Familienrecht; www.fachanwalt-gralle.de

Auszubildende wird Ehefrau – Ehevertrag nichtig

Vor der Hochzeit schließen viele Paare einen notariellen Ehevertrag. Was sich zum Zeitpunkt der intakten Beziehung noch als unproblematisch darstellt, kann nach Beendigung der Ehe zu schwerwiegenden Streitigkeiten führen.

Eine Auszubildende erwartete von ihrem 20 Jahre älteren Chef, einem Firmeninhaber, ein Kind. Dieser erklärte sich bereit, die Auszubildende zu heiraten, falls sie auf ihre finanziellen Ansprüche, die durch die Ehe begründet werden, für den Fall der Trennung der Scheidung verzichte.

Noch vor der Heirat schlossen der Chef und seine Auszubildende einen Ehevertrag, wonach diese teilweise auf Unterhalt, auf Zugewinn sowie auf die Durchführung des Rentenausgleichs für den Fall der Trennung und Scheidung verzichtete. Kurz vor der Eheschließung hatte der Chef ausdrücklich damit gedroht, die bereits organisierte Hochzeitsfeier abzusagen, falls die künftige Ehefrau vor der Eheschließung nicht den Ehevertrag unterzeichne.

Die Ehefrau hatte nach dem Tod ihres Mannes entgegen des geschlossenen Ehevertrages auch ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich und damit eine Erhöhung ihres Anteils am Nachlass geltend gemacht und einen entsprechenden Erbschein beantragt. Das Amtsgericht lehnte dies ab. Schließlich habe die Ehefrau durch den notariellen Vertrag auf den Zugewinn verzichtet.

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat diesen Ehevertrag für nichtig erklärt (Beschluss vom 10.05.2017, Az.: 3 W 21/17). Die Ehefrau war bei Abschluss des Vertrags in einer Zwangslage. Der Chef habe seine wirtschaftlich deutlich stärkere Position ausgenutzt und die Ehefrau zur einseitigen Aufgabe sämtlicher im Rahmen einer ehetypischen Rechtspositionen bewegt. Der Verzicht sei in vermögensrechtlicher Hinsicht nicht kompensiert. Der Ehefrau fehle bei Anwendung des Ehevertrages jegliche wirtschaftliche Absicherung.

Rechtsfolgen des nichtigen Ehevertrags: Weil der Ehevertrag nichtig sei, entfalte er auch keine Rechtswirkung, so das OLG. Damit haben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt und deshalb sei der Anteil der Ehefrau am Nachlass des Ehemannes durch den Zugewinnausgleich erhöht.

 

Autor dieses Beitrages ist Fachanwalt für Familienrecht Henning Gralle, Oldenburg, www.fachanwalt-gralle.de