Wegen Corona: Kindesmutter darf mit neunjährigen Sohn nicht in die Türkei

Süd-Oldenburg statt Antalya

Die aktuelle Corona-Problematik greift in weite Bereiche des täglichen Lebens ein, so auch in Urlaubsfahrten. Bereits im November 2019 buchte die Kindesmutter eine Reise für die Herbstferien in die Türkei. Mit ihrem fast zehnjährigen Sohn wollte sie in die Touristenregion in Antalya für knapp 14 Tage besuchen. Der ebenfalls sorgeberechtigte Kindesvater war damit nicht einverstanden und der Auffassung, dass in Anbetracht der Unwägbarkeiten mit Corona sein Sohn im Großraum Cloppenburg bleiben sollte. 

Dieser Auffassung des Vaters ist das Familiengericht Cloppenburg in einer aktuellen Entscheidung gefolgt und hat beschlossen, dass der Kindesvater darüber entscheiden darf, ob dessen Sohn mit den Urlaub darf oder nicht, Amtsgericht Cloppenburg, Aktenzeichen 11 F 786/20 SO vom 30. September 2020.

Keine Angelegenheit des täglichen Lebens

Zunächst stellt das Familiengericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung weiterer Oberlandesgerichte fest, dass aktuell eine Urlaubsreise mit dem Flugzeug ins Ausland keine Angelegenheit des täglichen Lebens sei. Urlaubsreisen in Zeiten von Corona, so das Amtsgericht Cloppenburg, würden eine neue Herausforderung mit Unsicherheiten darstellen, für die bisher eben eine routinemäßige Handhabung bei durch Covid-19 herausgeforderten Schutzmaßnahmen fehle. Die Corona Pandemie sei mit vielen Unwägbarkeiten verbunden, es bestünde keine Planungsverlässlichkeit, die aktuelle Situation sei dynamisch. „Wie schnell sich das Infektionsgeschehen verschlimmern kann, musste gerade hier im Landkreis Cloppenburg kürzlich festgestellt werden“, begründet das Gericht seine Entscheidung. Längere Quarantänezeiten oder ein festsetzen von Urlaubsrückkehrern im Ausland sei möglich, was eine nicht unerhebliche Belastung für das seelische Wohlbefinden eines Kindes darstelle, wenn es davon betroffen sei. Hinzu komme, dass Abwesenheitszeiten im Schulbetrieb möglich seien, die ein schulisches Fortkommen und Lernerfolge beeinträchtigen. Ein Schuhstart nach den Herbstferien sei für Rückreisende aus der Türkei aufgrund der aktuellen Problematik nicht gesichert. Dies, so das Gericht, habe zur Folge, dass beide Eltern über Flugreisen ins Ausland entscheiden müssen.

Keine Übereinstimmung: Kindesvater entscheidet

Vorliegend hat dann das Familiengericht bestimmt, dass dem Kindesvater, der Auslandsreisen in Coronazeiten ablehnt, das Recht übertragen wird, über die Urlaube seines Sohnes zu entscheiden. Vorliegend habe, so das Familiengericht, die Türkei höhere Corona-Fallzahlen als Deutschland, darüber hinaus sei das dortige Gesundheitssystem mit deutschem Standard nicht zu vergleichen. Sollte sich der Sohn in der Türkei infizieren, sei seine gesundheitliche Versorgung nicht so gut gesichert wie in Deutschland. Den Bedenken des Kindesvaters sei daher der Vorzug zu gewähren, sodass der Sohn nicht in die Türkei verreist.

Ergebnis:

Obwohl aktuell für die Provinz Antalya in der Türkei keine Reisewarnung vorliege, sei eine Reise dorthin mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Eine Notwendigkeit, die Gefahren einer Infektion und insbesondere eine anschließenden Quarantäne in Kauf zu nehmen, sei unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls nicht erkennbar. Der Kindesmutter steht es frei, ohne ihren Sohn in die Türkei zu reisen.

NWZ Artikel eingeskannt