Lehrlingsgehalt nicht zu berücksichtigen
Ausbildung mit 45 Jahren –Kindesunterhalt geht vor
Die Erstausbildung eines 45-jährigen Unterhaltspflichtigen ist gegenüber der Unterhaltspflicht für minderjährige Kinder nicht vorrangig, wenn der Unterhaltspflichtige seit vielen Jahren ungelernte Tätigkeiten ausübt. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall verpflichtete das Familiengericht I. Instanz im August 2021 einen 45-jährigen Vater zweier minderjähriger Kinder zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Kindesvaters. Er führte unter anderem an, dass er den Mindestunterhalt nicht zahlen könne, da sein Verdienst wegen seiner Ausbildung nicht höher sein könne als 580 Euro monatlich. Der Kindesvater war seit vielen Jahren als ungelernte Kraft tätig und hatte wenige Monate nach Beginn des gerichtlichen Unterhaltsverfahrens eine Erstausbildung aufgenommen.
Kein Vorrang der Erstausbildung wegen langjähriger Tätigkeit als ungelernte Kraft
Das OLG (Aktenzeichen 7 UF 196/21) stellt nunmehr fest, dass es zwar unterhaltsrechtlich anerkannt sei, dass einer Erstausbildung regelmäßig auch gegenüber der gesteigerten Unterhaltspflicht der Vorrang einzuräumen sei, da diese zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen gehöre. Allerdings gelte etwas anderes, wenn der Unterhaltspflichtige sich in der Vergangenheit stets auf die Ausübung ungelernte Tätigkeiten beschränkt hat, so wie hier. Der Kindesvater könne sich seinen minderjährigen Kindern gegenüber nicht auf sein Recht auf Erstausbildung berufen. Der Kindesvater habe nicht dargelegt, warum er gerade wenige Monate nach Verfahrensbeginn seine Arbeits- und Verdienstchancen durch eine Ausbildung verbessern will. Es drängt sich auf, dass der Vater die Ausbildung begonnen habe, um sein Einkommen zur Vermeidung von Unterhaltsleistungen an die beiden Kinder zu verringern.
Vielmehr berücksichtigt das Gericht bei dem Vater einen realisierbaren Stundenlohn von 10,45 € brutto. Bei einer vollzeitigen Tätigkeit ergibt dies unter Berücksichtigung von einer Berufspauschale und Kosten für Umgänge mit den beiden Kindern ein Nettoeinkommen in Höhe von 1460 €. In Höhe von 300 € sei der Kindesvater dann in der Lage, Unterhalt zu zahlen.
Hinweis
Im Hinblick auf den erhöhten Mindestlohn ab Oktober 2022 ist zu erwarten, dass grundsätzlich alle Unterhaltsberechtigten in der Lage sein werden, zumindest für ein Kind den Mindestunterhalt auch für ältere Kinder in Höhe von dann 423,50 € (3. Altersstufe zwischen 12 und 17 Jahren) zu zahlen.