Unterhalt in Zeiten von Corona

Corona macht nicht nur gesundheitliche Sorgen, sondern auch finanzielle. Selbständige, die von heute auf morgen ihren Betrieb schließen müssen und nicht wissen, ob das Infektionsschutzgesetz für sie Entschädigungen vorhält; Arbeitnehmer, die in Kurzarbeit geschickt werden und nur noch 67 % Lohn bekommen – es herrscht in vielen Familien spontan Existenzangst. 

Was aber, wenn die Familie nicht zusammenrückt, weil sie getrennt lebt?
Und was, wenn ein Teil der Familie wirtschaftlich vom anderen abhängt – sprich Unterhalt bezahlt oder erhält?

Erste Frage: Gibt es einen Unterhaltstitel?

„Tituliert“ bedeutet, dass der Unterhaltspflichtige beim Jugendamt oder Notar freiwillig erklärt hat, in welcher Höhe er Unterhalt schuldet (Verpflichtungsurkunde), oder dass in einem Gerichtsverfahren ein Unterhaltsbetrag festgesetzt wurde.

Liegt ein Titel vor, droht bei Nichtzahlung sofort die Zwangsvollstreckung z.B. durch Kontenpfändung.    
Außerdem laufen durch Nichtzahlung die Rückstände zu Schulden auf.
Es ist also dann keine gute Idee, einfach die Zahlungen einzustellen, zumal die Corona-Periode nicht auf Dauer anhält.

Nur wer ohne Titel – also sozusagen freiwillig – zahlt, kann überhaupt einseitig kürzen.

Dass er dies mit dem Anderen kommunizieren sollte, ist ein Gebot der Fairness, denn dort können ggf. öffentliche Sozialleistungen beantragt werden, um die Lücke zu füllen.


Liegt also ein Titel vor, wären die richtigen Maßnahmen:

Aus Sicht des Unterhaltspflichtigen, der weniger zahlen möchte:

a)    Man einigt sich mit dem Unterhaltsberechtigten auf eine Kürzung, Stundung, zeitweiligen Verzicht der Vollstreckung, Ratenzahlung.

Achtung: Die Beteiligten eines gerichtlichen Vergleichs können diesen außergerichtlich zwar als materiell-rechtlichen Vertrag ändern, aber nicht als Vollstreckungstitel. Auch eine Jugendamtsurkunde kann z.B. nicht durch eine spätere Jugendamtsurkunde abgeändert werden. Wenn beide Seiten sich inhaltlich einig sind, kann aber außergerichtlich vereinbart werden, dass der Gläubiger auf die Rechte aus dem früheren Titel verzichtet, und ein neuer Titel mit anderem Inhalt errichtet wird.    

b)    Man beantragt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Gericht.

c)    Man verbindet letzteres zeitgleich mit einem Abänderungsbegehren nach dem Familiengesetz FamFG.

Sowohl betreffend die Entscheidung hierüber als auch betreffend die vollstreckungsgerichtliche Unterstützung auf Gläubigerseite herrscht allerdings heute völlige Unklarheit, ob die Gerichte diese Verfahren zeitnah betreiben können.

Anders lässt sich aber keinesfalls eine Überzahlung zurückfordern.

Einfacher aus Sicht des Unterhaltsberechtigten, der wegen Einkommenseinbuße mehr Unterhalt benötigt:

Hier genügt eine außergerichtliche Inverzugsetzung.


Materiellrechtliche Abänderungsvoraussetzungen

Neben dieser formalen Frage ist zu prüfen, ob inhaltlich (materiellrechtlich) überhaupt eine Abänderung möglich ist.

a)    Beim Kindesunterhalt sehen die Einkommensgruppen Spannen von 400 € netto vor. Wer in Kurzarbeit geht, bekommt zwar nur 67% seines Nettoeinkommens, jedoch fallen auch berufsbedingte Aufwendungen wie Fahrtkosten weg. Ggf. führt die Kurzarbeit also gar nicht dazu, dass eine andere Einkommensgruppe zutrifft.

b)    Beim Kindesunterhalt für minderjährige Kinder gibt es den sogenannten  Mindestunterhalt: es besteht eine „gesteigerte Erwerbsobliegenheit“ mit dem Ziel, dass der Mindestunterhalt zu den aktuellen Zahlbeträgen von 267 € für ein Kind bis zu 5 Jahren, von 322 € von Kindern im Alter von 6-11 Jahren und in Höhe von 395 € im Alter von 12-17 Jahren zu zahlen ist. 

Aktuell haben wir keine „normalen Zeiten“. Dennoch bleibt: wer weniger als den Mindestunterhalt zahlen will, muss dazu vortragen, warum er unverschuldet nicht einmal mehr als den Selbstbehalt in Höhe von aktuell 1160 € verdienen kann. Zu prüfen wäre z.B., ob spontane Einsätze als Erntehelfer oder als Lagerist im Lebensmittelhandel möglich und zumutbar sind, denn in diesen Branchen herrscht gerade (Corona-bedingt) Arbeitskräfte-Mangel.

c)    Beim Unterhalt, der für getrennt lebende oder geschiedene Ehegatten zu zahlen ist, besteht keine „gesteigerte“ Erwerbsobliegenheit wie beim Minderjährigenunterhalt.,

Jeder verdiente Einkommensbetrag wird im Zuge einer Unterhaltsquote sowohl auf Seiten des Berechtigten als auf Seiten des Verpflichteten berücksichtigt.

Außerdem kann auch der Unterhaltsberechtigte von Corona-Einbußen betroffen sein und dadurch höheren Anspruch als zuvor haben. Besondere Bedeutung bekommen  Einkommensausfälle wegen der Betreuung von gemeinsamen Kindern, die sonst fremdbetreut waren, aber deren Einrichtungen geschlossen sind.


Wesentlichkeitsschwelle  und Nachhaltigkeit der Veränderung

Für das akute Thema „Corona“ relevant ist die Frage der Dauer. Es kann heute niemand absehen, für welchen Zeitraum die Pandemie-Einschränkungen der Arbeitswelt herrschen.
Um einen Unterhaltstitel wegen veränderter Umstände abändern zu können, muss die wesentliche Veränderung aber nachhaltig sein.

Angenommen, nach zwei Monaten würde eine normale Situation vorherrschen und dann vielleicht sogar bezahlte Überstunden geleistet werden, um rückständige Arbeit abzubauen – wohl ein Fall ohne Abänderungsmöglichkeit.


Korrektur der Prognose

Eine „monatsweise“ Betrachtung wie z.B. bei öffentlichen Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern scheidet im Familienrecht üblicherweise aus. Immer wird Unterhalt prognostiziert anhand von Erkenntnissen der Vergangenheit; also geht es um die Frage, ob und wie diese Prognose an die neuen Verhältnisse anzupassen ist.

Der Richter hatte bei der Errichtung des Titels die Aufgabe übernommen, bei seiner Entscheidung über den Anspruch neben den vorliegenden und den zuverlässig zu erwartenden Umständen vorausschauend auch die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen.
Denkbare Abweichungen der Realität von dieser Prognose und damit auch nicht nur kurzfristige Ungerechtigkeiten nimmt das Gesetz hin, wie man z.B. an § 1605 BGB sieht, wonach üblicherweise zwei Jahre gewartet werden muss, bis wieder eine Anpassung an gestiegenes Einkommen des Unterhaltspflichtigen erfolgen kann.

Prognostiziert wird in der Regel ein „Jahreseinkommen“, aus dessen Zwölftel dann die Leistungsfähigkeit berechnet wird.


Die Prognose gilt als richtig und bleibt ein gültiger Vollstreckungstitel, auch wenn sich die Verhältnisse anders entwickeln – bis eine förmliche Abänderung begehrt wird.
Unklar bleibt, wie stark kurz-, mittel- oder gar langfristige Einbußen sind und wie das Jahreseinkommen 2020 aussehen wird? Denkbar ist auch, dass sich Betriebe von der „Social-Distancing“-Phase gar nicht mehr erholen.

Fazit

Wer sich mit dem Unterhaltsgläubiger nicht irgendwie einigt, muss den richtigen Augenblick erkennen, in dem er von einer wesentlichen und nachhaltigen Einkommensreduzierung ausgeht, und dann unverzüglich (anwaltlich vertreten!) nach dem Familiengesetz vorgehen.

Mit Anhängigkeit (Antragseingang bei Gericht) dieses Antrages können die weiteren Zahlungen als Darlehen oder „unter Vorbehalt“ deklariert und später zurückgefordert werden – allerdings nicht für Zeiträume, die vor dem Abänderungsantrag liegen.

Vereinfachter Quotenunterhalt bei hohem Ehe-Einkommen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat erneut eine Entscheidung getroffen, die es bei besonders guten Einkommensverhältnissen ermöglicht, den Unterhalt einfacher zu ermitteln. Bei der Berechnung des Unterhalts für die Zeit der Trennung (Trennungsunterhalt) und auch für die Zeit nach der Scheidung (nachehelicher Unterhalt) kann der Unterhaltsberechtigte (meistens die Ehefrau) bis zu einem Familieneinkommen von immerhin 11.000 € monatlich den Unterhalt nach einer sogenannten Quote (3/7 des bereinigten Einkommens) geltend machen. Konkret heißt dies, dass bis zu einem Betrag in Höhe von rund 4700 € Unterhalt geltend gemacht werden kann, selbst wenn die Berechtigte nichts zur konkreten Verwendung des Familieneinkommens vortragen kann.

Bisher galt diese vereinfachte Unterhaltsberechnung nach einer Quote zu Einkommensdifferenz nur bei niedrigeren Einkommen.

Die unterhaltsberechtigte Ehefrau muss also konkrete Angaben und Belege zu Wellness-Wochenenden, Reiturlauben, Fernreisen, täglichen Restaurant besuchen oder Ausgaben für Kleidung erst dann machen, wenn sie einen höheren Unterhalt als 4700 €, also 3/7 von 11.000 €, beansprucht.

Mit dieser Entscheidung vom 25. September 2019 (Aktenzeichen XII ZB 25/19) hat der BGH über Unterhaltsansprüche der Ehefrau eines VW-Managers entschieden. Dieser erzielte im Jahr 2018 ein Bruttoeinkommen in Höhe von knapp 300.000 € zuzüglich der Nutzungsvorteile für zwei Dienstwagen. Bei Lohnsteuerklasse I und 1,5 Kinderfreibeträgen ermittelte das Oberlandesgericht Celle in der Vorinstanz ein Jahresnettoeinkommen in Höhe von immerhin 184.803 €, monatlich daher 15.400 €. Für die beiden Dienstwagen wurden unter Berücksichtigung der sogenannten ein Prozent-Regelung 830 € monatlich hinzugerechnet.

Die Ehefrau arbeitete für 10,50 € brutto pro Stunde in einer Schulmensa, dies ergibt bei vorzeitiger Tätigkeit ein Nettoeinkommen in Höhe von 1291 € monatlich abzüglich der Berufspauschale verbleiben dann noch rund 1226 € netto auf Seiten der Ehefrau. 

Bei einem vom Bundesgerichtshof angenommenen Nettogehalt des Ehemannes in Höhe von gut 15.400 € zuzüglich 830 € für die Dienstwagennutzung, insgesamt also rund 16. 200 €, war es aus Sicht des Bundesgerichtshofs  ausreichend, dass die unterhaltsberechtigte Ehefrau ihren Anspruch auf Unterhalt allein nach einer Quote geltend macht, vorliegend daher 4200 €.

Erst wenn ein noch höherer Unterhalt geltend gemacht wird, ist konkret darzulegen, wofür das Geld benötigt wurde und inwieweit es die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat. Der Bundesgerichtshof hebt hervor, dass angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten und insbesondere in Ballungsräumen erheblich gestiegener Wohnkosten selbst das Doppelte der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (11.000 €) einen Einkommensbereich darstellt, bei dem unterstellt werden kann, dass dieses Einkommen im wesentlichen vollständig für die laufende Lebenshaltung verbraucht wird und deshalb keine über die Finanzierung des Familienheims und die übliche altersvorsorgehinausgehende Vermögensbildung betrieben wird.

Autor ist Rechtsanwalt Henning Gralle, Rechtsanwalt, zugleich Fachanwalt für Familienrecht

Neue Düsseldorfer Tabelle ab 1.1.2020

Die von dem OLG Düsseldorf herausgegebene „Düsseldorfer Tabelle“ wird zum 1.1.2020 geändert. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder, den Bedarf eines Studierenden, der nicht mehr bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, sowie die Selbstbehalte.

Bedarfssätze für Kinder

Die Anhebung der Bedarfssätze minderjähriger Kinder beruht auf der Erhöhung des Mindestbedarfs gemäß der „Zweiten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 12.9.2019“. Der Mindestunterhalt beträgt danach ab dem 1.1.2020: 

  • für Kinder der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) 369 € (Anhebung um 15 €),
  • für Kinder der 2. Altersstufe (bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres) 424 € (Anhebung um 18 €) und
  • für Kinder der 3. Altersstufe (vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit) 497 € (Anhebung um 21 €).

Bedarf von Studierenden

In Anlehnung an den zum 1.8.2019 gestiegenen Höchstsatz nach dem BAföG steigt der Bedarf eines Studierenden, der nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, von bisher 735 EUR auf 860 € (einschließlich 375 € an Warmmiete). Auf den Bedarf des Kindes ist nach § 1612b BGB das Kindergeld anzurechnen. Dieses beträgt seit dem 1.7.2019:

  • für ein erstes und zweites Kind 204 €,
  • für ein drittes Kind 210 € und
  • ab dem vierten Kind 235 €.

Das Kindergeld ist bei minderjährigen Kindern in der Regel zur Hälfte und bei volljährigen Kindern in vollem Umfang auf den Barunterhaltsbedarf anzurechnen. Die sich nach Abzug des Kindergeldanteils ergebenden Beträge sind in den im Anhang der Tabelle beigefügten „Zahlbetragstabellen“ aufgelistet.

Selbstbehalte

Erstmals seit 2015 ändern sich die Selbstbehalte. Diese bilden den dem Unterhaltspflichtigen mindestens zu belassenden Betrag ab. Gegenüber den Ansprüchen minderjähriger Kinder und volljähriger unverheirateter Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, beträgt der notwendige Selbstbehalt des nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 960 € und des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 1.160 € statt bislang 880 € bzw. 1.080 €. Der notwendige Selbstbehalt beinhaltet Wohnkosten (Warmmiete) von 430 €. Der Selbstbehalt kann erhöht werden, wenn die Wohnkosten diesen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind. Sofern nicht der Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten Kindes betroffen ist, beträgt der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Eigenbedarf mindestens 1.400 € statt bisher 1.300 €.

Gegenüber Ansprüchen auf Ehegattenunterhalt bzw. Unterhaltsansprüchen der Mutter oder des Vaters eines nicht ehelichen Kindes beträgt der Eigenbedarf des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen ab dem 1.1.2020 1.280 € und des nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 1.180 €. Die Unterscheidung zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen erfolgt in Anlehnung an den Beschluss des BGH vom 16.10.2019 (XII ZB 341/17). Der Selbstbehalt gegenüber Unterhaltsansprüchen von Eltern steigt zum 1.1.2020 von bisher 1.800 € auf 2.000 €. 

Ehegattenunterhalt von Besserverdienern

In gehobenen Einkommensverhältnissen spielt die Berechnung des Unterhalts für den Ehegatten auf der Ebene einer konkreten Berechnung eine große Rolle. Bei niedrigen und bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen wird der Ehegattenunterhalt nach einer Quote (3/7) des gesamten bereinigten Einkommens beider Ehegatten errechnet. Die Quotenberechnung geht von der Überlegung aus, dass in normalen wirtschaftlichen Verhältnissen die gesamten Einkünfte auch für den Lebensunterhalt tatsächlich verbraucht werden. Im Zuge einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. November 2017 (Aktenzeichen XII ZB 503/16) haben die für Familienangelegenheiten zuständigen Oberlandesgerichte, so auch das Oberlandesgericht Oldenburg, nunmehr festgelegt, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe von 11.000 Euro vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist.

In den aktuellen Leitlinien heißt es hierzu: der Bedarf ist konkret darzulegen, wenn das für den Ehegattenunterhalt verfügbare gemeinsame Einkommen 11.000 Euro übersteigt.

Dies bedeutet:bis zur dieser Grenze eines Familieneinkommens von 11.000 Euro kann der berechtigte Ehegatte (meistens die Ehefrau) seinen Unterhaltsanspruch nach einer Quote (3/7 der Einkommensdifferenz) berechnen,  da bis zu dieser Summe vermutet wird, dass dieses Geld für den Lebensunterhalt verbraucht wurde.

Oberhalb dieser Grenze, also ab einem Einkommen in Höhe von 11.000 Euro monatlich, ist in der Regel dann konkret durch eine Bedarfsliste festzustellen, welche Beträge für den monatlichen Lebensstil verwendet wurden und welche Beträge nicht verwendet wurden und stattdessen angespart wurden.

Beispiel: der Ehemann verfügt über ein Einkommen in Höhe von 15.000 Euro, die Ehefrau hat kein Einkommen. Bis zu einer Grenze von 11.000 Euro steht der Ehefrau ein Quotenunterhalt in Höhe von 3/7  der Einkommensdifferenz also 11000 zu, also rund 4700 Euro. Will sie einen höheren Unterhalt geltend machen, muss sie darlegen, dass während der intakten Beziehung für den monatlichen Lebensstil höhere Beträge aufgewendet wurden. Sie muss dann Ausgaben für Urlaub, Freizeitinteressen, Mode, Restaurantbesuche oder Wellness-Wochenenden konkret auflisten, um einen höheren Betrag als 4700 Euro vom Ehemann beanspruchen zu können. 

Der Unterhaltszahler ist auf jeden Fall verpflichtet, auch bei einem außergewöhnlich hohen Einkommen umfassend Auskunft über sein Einkommen zu erteilen.

Düsseldorfer Tabelle 2019

Seit 1. Januar 2019 gilt die neue sog. Düsseldorfer Tabelle. Darin legt das Oberlandesgerichtes Düsseldorf in Abstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten und dem Deutschen Familiengerichtstag den sog. Barunterhalt für minderjährige Kinder fest:

Unterhalt nach 24 Jahren Ehe

Je länger eine Ehe dauert, desto enger sind deren wirtschaftliche Verflechtungen anzunehmen. Die Dauer der Unterhaltsansprüche des finanziell schwächeren Ehegatten gegenüber dem finanziell stärkeren Ehepartner hängen auch von dem Zeitraum zwischen Hochzeit und Scheidung ab. Dies wird in einer aktuellen Unterhalts-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe (Aktenzeichen XII ZB 448/17) vom Juli 2018 deutlich. Es ging dabei um Ehepartner, die sich nach 24 Ehejahren kurz vor deren 50. Geburtstag scheiden ließen. Aus der Ehe sind zwei Töchter im Alter inzwischen 15 und 20 Jahren hervorgegangen.

Hinsichtlich der Dauer und der Höhe des Unterhaltsanspruchs hat der BGH neben der Ehedauer auch die gelebte Rollenverteilung (Mann arbeitet, Frau betreut die Kinder) berücksichtigt. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute sind von Bedeutung, so dass auch entscheidend ist, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben den eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen ist. Im Gegenzug ist auch zu berücksichtigen, in welchem Maße der Unterhaltspflichtige unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten durch die Unterhaltszahlung gegenüber der Ehefrau belastet wird. Auch die Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen kann bedeutsam sein. Auch einen geleisteten Zugewinnausgleich in Höhe von immerhin 90.000,00 Euro, den die Ehefrau vom Ehemann erhalten habe, ändere nichts daran, dass der Ehefrau eine Übergangsphase zwischen den eheprägenden Verhältnissen mit dem guten Einkommen des Ehemannes und der wirtschaftlichen Eigenständigkeit einzuräumen sei. Dieser Zeitraum sei vorliegend großzügig zu bemessen.

Diese wesentlichen Aspekte waren im vorliegenden Fall zu berücksichtigen und der Bundesgerichtshof hat die vom Oberlandesgericht Köln in der Vorinstanz zu Beginn gebilligte Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes von monatlich rund 1400 € für insgesamt zwölf Jahre als angemessen erachtet, wobei nach acht Jahren diese Unterhaltssumme zu halbieren sei. Das OLG Köln hatte in der Vorinstanz auch darauf hingewiesen, dass die Ehefrau die beiden gemeinsamen Töchter überwiegend betreut habe und daher der Zeitraum von zwölf Jahren angemessen sei.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, www.fachanwalt-gralle.de

Neuer Lebensgefährte – trotzdem Ehegattenunterhalt?

Beim Ehegattenunterhalt gilt der Grundgedanke: wer eheähnlich lebt, braucht nicht mehr den Schutz der alten Ehe.

Bei Bestehen einer neuen „verfestigten Lebensgemeinschaft“ muss der Ehepartner damit rechnen, dass die fortdauernde Verantwortung des anderen Ehegatten immer mehr zurücktritt und es diesem unzumutbar werden kann, weiterhin Unterhalt zu zahlen.

Zu klären ist, ob mit dem neuen Partner die Beziehung derart eng ist, dass dieser sich endgültig aus der ehelichen Solidarität herausgelöst hat und zu erkennen gibt, dass er diese (und damit das Unterhaltsgeld) nicht mehr benötigt. Die Rechtsprechung verlangt als wichtige Voraussetzung eine Mindestdauer der Verbindung, die zumindest bei zwei bis drei Jahrenliegt. Erst dann kann sich verlässlich klären lassen, ob die neuen Partner nur „probeweise“ zusammen leben oder auf Dauer in einer gefestigten Gemeinschaft leben.

So hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Jahre 2012 eine Verfestigung angenommen bei einem Paar, das zwei Jahre gemeinsam eine Wohnung mietet, sich bei der Führung einer Gaststätte gegenseitig unterstützt und als Paar in der Öffentlichkeit auftritt. Gleiches gilt für eine Entscheidung des OLG Oldenburg (2016). Dort hatte der neue Lebensgefährte der Ehefrau sein Haus für deren Einzug renoviert. Gemeinsame Urlaube und gemeinsame Feiern haben eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau ergeben, obwohl die Beziehung noch keine zwei Jahre dauerte.

Das OLG Brandenburg hat bei einer Partnerschaft von 18 Monaten ohne weitere besondere Umstände eine Verfestigung abgelehnt (Entscheidung aus dem Jahre 2012). Auch das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 2012 eine Verfestigung nicht angenommen, obwohl die neuen Partner wechselseitige Besuche absolvieren und sich seit zwei Jahren bei der täglichen Hausarbeit unterstützen.

Es bleibt also festzuhalten, dass es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, ob eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen des einen Ehepartners (meistens der Ehefrau) in Betracht kommt.

Auch ohne gemeinsames Wirtschaften (getrennte Haushalte und getrennte Konten) kann eine Verfestigung angenommen werden, wenn die Partner seit fünf Jahrenin der Öffentlichkeit, also zum Beispiel ein gemeinsamer Besuch des Oldenburger Kramermarkts, bei gemeinsamen Urlauben und der Freizeitgestaltung als Paar auftreten sowie Feiertage (insbesondere Weihnachten und Silvester) und Familienfeste zusammen mit Familienangehörigen verbringen.

Ob eine verfestigte Lebensgemeinschaft in Betracht kommt, muss gegebenenfalls auch durch Anhörung von Zeugen geklärt werden. Insbesondere der neue Lebenspartner kommt als Zeuge in Betracht, da dieser über die neue Beziehung konkrete Angaben zur Intensität und Dauer machen kann. Eine gefestigte Rechtsprechung besteht insgesamt nicht mehr.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, zugleich Fachanwalt für Familienrecht, www.fachanwalt-gralle.de

Einkommen verschwiegen – Unterhalt verwirkt

Eine verheiratete Frau aus Aurich hatte sich von ihrem Ehemann getrennt und verlangte von diesem Trennungsunterhalt. Dabei hat die Ehefrau eine eigene Teilzeitbeschäftigung mit einem Einkommen in Höhe von 450 Euro monatlich verschwiegen. Sie hat ausdrücklich mitgeteilt, über eigene Einkünfte nicht zu verfügen. Sie erziele ausschließlich Einnahmen aus Kindergeld und geliehenem Geld aus der Verwandtschaft. Der Ehemann ist der Auffassung, dass das Verschweigen von eigenen Einkünften dazu führe, dass Unterhaltsansprüche verwirkt seien und er als Ehemann nicht mehr verpflichtet sei, Unterhalt für die Trennungszeit zu zahlen.

Nachdem das Familiengericht in Aurich zunächst der Ehefrau recht gegeben hatte, hat nunmehr das Oberlandesgericht Oldenburg (Aktenzeichen 3 UF 92/17) aktuell entschieden, dass ein bewusstes Verschweigen oder Ableugnen von Einkünften mit dem Ziel, unrechtmäßigen Unterhalt zu erlangen, zum Verlust von Unterhaltsansprüchen führen kann.

Ein solches Fehlverhalten stelle einen Verfahrensbetrug zum Nachteil des Ehemannes dar, da die Ehefrau verpflichtet sei, die eigenen Einkommens-Verhältnisse richtig und vollständig mitzuteilen. Nur dann sei eine konkrete Beurteilung der Unterhaltsverpflichtung möglich. Das unterhaltsrechtliche Verhältnis zwischen Eheleuten sei durch ein besonderes Maß an Treu und Glauben geprägt.

Hätte die Ehefrau ihr Einkommen korrekt angegeben, wäre die Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes geringer ausgefallen. Das Verschweigen führe zu einem Ausschluss des Unterhaltsanspruchs, zumal dieser Ausschluss die Ehefrau auch nicht unangemessen hart treffe. Denn sie sei, so das Oberlandesgericht, in der Lage, für den eigenen Unterhalt durch eigene berufliche Tätigkeit und mietfreies Wohnen zu sorgen.

Das Verschweigen von eigenen Einkünften kann sowohl beim Unterhalt nach der Scheidung als auch während der Trennungszeit zur Verwirkung führen. Es kommt dabei auch auf die Umstände des Einzelfalls an.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, zugleich Fachanwalt für Familienrecht (Oldenburg), www.fachanwalt-gralle.de

Umzug zum Arbeitsort kann zur Kostenersparnis zugemutet werden

Eltern sind gegenüber eigenen minderjährigen Kindern verpflichtet, alle verfügbaren Mittel für den eigenen und den Kindesunterhalt gleichmäßig zu verwenden. Im Falle der Trennung der Eltern betreut ein Elternteil das Kind in Form von Verpflegung, Kleidung und Bereitstellung von Wohnraum. Der andere Elternteil erbringt den Barunterhalt, er zahlt also eine monatliche Unterhaltsrente für das Kind. Bei engen wirtschaftlichen Verhältnissen stellt sich für denjenigen, der Unterhaltszahlungen erbringen muss (meist der Vater) die Frage, was zu tun ist, um den Unterhalt der eigenen Kinder sicherzustellen. In einem aktuellen Fall hat das Oberlandesgericht Oldenburg (Aktenzeichen 3 UF 79/17) deutlich gemacht, dass der unterhaltspflichtige Vater zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation die Fahrtkosten vom Wohnort zum Arbeitsort minimieren muss, um durch ersparte Benzinkosten mehr Unterhalt für seinen fünfjährigen Sohn, der in Ostfriesland lebt, zahlen zu können.

Im vorliegenden Fall wohnt der Vater 20 km nördlich von Stade in der Nähe von Wischhafen, der Arbeitsort liegt jedoch mehr als 20 km südlich von Stade, sodass monatliche Fahrtkosten in Höhe von rund 400,00 Euro anfallen. Das OLG Oldenburg hat deutlich gemacht, dass dem Kindesvater ein Umzug an den Arbeitsort zumutbar war und ist. Die neue Freundin des Kindesvaters sei arbeitslos, der aus dieser Beziehung entstandene zweite Sohn sei gerade erst ein halbes Jahr alt, sodass durchgreifende Gründe, die gegen einen Umzug sprechen können, nicht ersichtlich seien.

Dem Kindesvater muss jedoch auch die Gelegenheit gegeben werden, die bisherige Wohnung zu kündigen, eine neue Wohnung in der Nähe des Arbeitsortes zu suchen und auch einen kostengünstigen Umzug organisieren zu können.

Mit den Fahrtkosten von 400 Euro monatlich war der Kindesvater nicht in der Lage, neben seinem Selbstbehalt (Eigenanteil) in Höhe von 1080 Euro für die eigene Wohnung, die eigene Kleidung und die eigene Nahrung noch Kindesunterhalt aufzubringen. Wenn er an seinen Arbeitsort umziehe, falle ein Großteil der Fahrtkosten weg, von dieser Ersparnis sei der Kindesunterhalt – im vorliegenden Fall in Höhe von über 100,00 Euro – dann aufzubringen, so die Oldenburger Familienrichter.

Eine Herabsetzung des Selbstbehalts beim Kindesvater auf einen Betrag von unter 1080 Euro kommt nur in Betracht, wenn die neue Lebensgefährtin ihrerseits über eigenes Einkommen verfügt und nicht nur von Sozialhilfe lebt.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, zugleich Fachanwalt für Familienrecht. www.fachanwalt-gralle.de

Kein Extra-Geld für Kinderkleidung

Bestehen zwischen den Eltern von Kindern Spannungen, so führen diese Spannungen nicht nur zur Belastung bei den Kindern, sondern auch bei den jeweiligen Eltern selbst. Die emotionalen Schwierigkeiten auf Paarebene spiegeln sich in der täglichen Praxis wider.

Zwei Söhne, sieben und neun Jahre alt, lebten nach der Trennung der Eltern bei der Kindesmutter. Beide Eltern hatten die gemeinsame elterliche Sorge. Zwischen den Eltern wurde vereinbart, dass die Mutter zu den Umgangskontakten beim Vater eine bestimmte Kleidung, bestimmte Anzahl von Schuhen sowie eine bestimmte Tennisausrüstung mitzugeben hatte. Die Mutter hat sich an die Vereinbarung nicht gehalten und war der Auffassung, der Kindesvater, Zahnarzt, könne die Kleidung für seine beiden Jungs selbst zahlen. Dem ist das Kammergericht (KG) Berlin in einer aktuellen Entscheidung von Anfang März 2017 (Aktenzeichen 13 WF 39/17) nicht gefolgt. Es hat der Mutter aufgegeben, die Vereinbarung einzuhalten. Denn es sei die Pflicht des betreuenden Elternteils, sich loyal zu verhalten und die eigenen Kinder mit der für den Umgang erforderlichen Bekleidung auszustatten. Dazu zähle Kleidung und Wechselwäsche.

Denn die Bekleidung des Kindes ist Bestandteil des Unterhaltsanspruchs. Vorliegend zahlt der Kindesvater Kindesunterhalt und deckt damit den sogenannten Barbedarf des Kindes ab, die Kindesmutter erbringt Betreuungsleistungen. Die Unterhaltszahlungen des Vaters sind gerade dazu bestimmt, um für das Kind Bekleidung anzuschaffen. Es könne, so das Berliner Familiengericht, keine Rede davon sein, dass es Sache des Vaters sei, die beiden Söhne beim Umgang mit der erforderlichen Kleidung auszustatten. Die Ausstattung obliege grundsätzlich der Mutter, dabei sei nicht ausgeschlossen, dass das eine oder andere Kleidungsstück auch einmal vom Vater beigesteuert wird.

Weil die Kindesmutter die Umgangsvereinbarung mit der Kleidungsregelung nicht eingehalten hatte, wurde gegen sie ein Ordnungsgeld in Höhe von immerhin 500 Euro festgesetzt, diese Regelung hat das KG bestätigt. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass Umgangsvereinbarungen in sowohl hinsichtlich des Übergabeortes, des Beginns und des Endes einschließlich Uhrzeiten sowie der Regelung zu Kleidung so genau wie möglich zu fassen sind. Dies gilt auch für Ferienzeiten und insbesondere für Feiertage, die immer wieder Konfliktpotenzial beinhalten.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle (Oldenburg), zugleich Fachanwalt für Familienrecht.