Neue Düsseldorfer Tabelle ab 1.1.2020

Die von dem OLG Düsseldorf herausgegebene „Düsseldorfer Tabelle“ wird zum 1.1.2020 geändert. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder, den Bedarf eines Studierenden, der nicht mehr bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, sowie die Selbstbehalte.

Bedarfssätze für Kinder

Die Anhebung der Bedarfssätze minderjähriger Kinder beruht auf der Erhöhung des Mindestbedarfs gemäß der „Zweiten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 12.9.2019“. Der Mindestunterhalt beträgt danach ab dem 1.1.2020: 

  • für Kinder der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) 369 € (Anhebung um 15 €),
  • für Kinder der 2. Altersstufe (bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres) 424 € (Anhebung um 18 €) und
  • für Kinder der 3. Altersstufe (vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit) 497 € (Anhebung um 21 €).

Bedarf von Studierenden

In Anlehnung an den zum 1.8.2019 gestiegenen Höchstsatz nach dem BAföG steigt der Bedarf eines Studierenden, der nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, von bisher 735 EUR auf 860 € (einschließlich 375 € an Warmmiete). Auf den Bedarf des Kindes ist nach § 1612b BGB das Kindergeld anzurechnen. Dieses beträgt seit dem 1.7.2019:

  • für ein erstes und zweites Kind 204 €,
  • für ein drittes Kind 210 € und
  • ab dem vierten Kind 235 €.

Das Kindergeld ist bei minderjährigen Kindern in der Regel zur Hälfte und bei volljährigen Kindern in vollem Umfang auf den Barunterhaltsbedarf anzurechnen. Die sich nach Abzug des Kindergeldanteils ergebenden Beträge sind in den im Anhang der Tabelle beigefügten „Zahlbetragstabellen“ aufgelistet.

Selbstbehalte

Erstmals seit 2015 ändern sich die Selbstbehalte. Diese bilden den dem Unterhaltspflichtigen mindestens zu belassenden Betrag ab. Gegenüber den Ansprüchen minderjähriger Kinder und volljähriger unverheirateter Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, beträgt der notwendige Selbstbehalt des nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 960 € und des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 1.160 € statt bislang 880 € bzw. 1.080 €. Der notwendige Selbstbehalt beinhaltet Wohnkosten (Warmmiete) von 430 €. Der Selbstbehalt kann erhöht werden, wenn die Wohnkosten diesen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind. Sofern nicht der Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten Kindes betroffen ist, beträgt der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Eigenbedarf mindestens 1.400 € statt bisher 1.300 €.

Gegenüber Ansprüchen auf Ehegattenunterhalt bzw. Unterhaltsansprüchen der Mutter oder des Vaters eines nicht ehelichen Kindes beträgt der Eigenbedarf des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen ab dem 1.1.2020 1.280 € und des nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 1.180 €. Die Unterscheidung zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen erfolgt in Anlehnung an den Beschluss des BGH vom 16.10.2019 (XII ZB 341/17). Der Selbstbehalt gegenüber Unterhaltsansprüchen von Eltern steigt zum 1.1.2020 von bisher 1.800 € auf 2.000 €. 

Ehegattenunterhalt von Besserverdienern

In gehobenen Einkommensverhältnissen spielt die Berechnung des Unterhalts für den Ehegatten auf der Ebene einer konkreten Berechnung eine große Rolle. Bei niedrigen und bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen wird der Ehegattenunterhalt nach einer Quote (3/7) des gesamten bereinigten Einkommens beider Ehegatten errechnet. Die Quotenberechnung geht von der Überlegung aus, dass in normalen wirtschaftlichen Verhältnissen die gesamten Einkünfte auch für den Lebensunterhalt tatsächlich verbraucht werden. Im Zuge einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. November 2017 (Aktenzeichen XII ZB 503/16) haben die für Familienangelegenheiten zuständigen Oberlandesgerichte, so auch das Oberlandesgericht Oldenburg, nunmehr festgelegt, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe von 11.000 Euro vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist.

In den aktuellen Leitlinien heißt es hierzu: der Bedarf ist konkret darzulegen, wenn das für den Ehegattenunterhalt verfügbare gemeinsame Einkommen 11.000 Euro übersteigt.

Dies bedeutet:bis zur dieser Grenze eines Familieneinkommens von 11.000 Euro kann der berechtigte Ehegatte (meistens die Ehefrau) seinen Unterhaltsanspruch nach einer Quote (3/7 der Einkommensdifferenz) berechnen,  da bis zu dieser Summe vermutet wird, dass dieses Geld für den Lebensunterhalt verbraucht wurde.

Oberhalb dieser Grenze, also ab einem Einkommen in Höhe von 11.000 Euro monatlich, ist in der Regel dann konkret durch eine Bedarfsliste festzustellen, welche Beträge für den monatlichen Lebensstil verwendet wurden und welche Beträge nicht verwendet wurden und stattdessen angespart wurden.

Beispiel: der Ehemann verfügt über ein Einkommen in Höhe von 15.000 Euro, die Ehefrau hat kein Einkommen. Bis zu einer Grenze von 11.000 Euro steht der Ehefrau ein Quotenunterhalt in Höhe von 3/7  der Einkommensdifferenz also 11000 zu, also rund 4700 Euro. Will sie einen höheren Unterhalt geltend machen, muss sie darlegen, dass während der intakten Beziehung für den monatlichen Lebensstil höhere Beträge aufgewendet wurden. Sie muss dann Ausgaben für Urlaub, Freizeitinteressen, Mode, Restaurantbesuche oder Wellness-Wochenenden konkret auflisten, um einen höheren Betrag als 4700 Euro vom Ehemann beanspruchen zu können. 

Der Unterhaltszahler ist auf jeden Fall verpflichtet, auch bei einem außergewöhnlich hohen Einkommen umfassend Auskunft über sein Einkommen zu erteilen.

Düsseldorfer Tabelle 2019

Seit 1. Januar 2019 gilt die neue sog. Düsseldorfer Tabelle. Darin legt das Oberlandesgerichtes Düsseldorf in Abstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten und dem Deutschen Familiengerichtstag den sog. Barunterhalt für minderjährige Kinder fest:

Unterhalt nach 24 Jahren Ehe

Je länger eine Ehe dauert, desto enger sind deren wirtschaftliche Verflechtungen anzunehmen. Die Dauer der Unterhaltsansprüche des finanziell schwächeren Ehegatten gegenüber dem finanziell stärkeren Ehepartner hängen auch von dem Zeitraum zwischen Hochzeit und Scheidung ab. Dies wird in einer aktuellen Unterhalts-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe (Aktenzeichen XII ZB 448/17) vom Juli 2018 deutlich. Es ging dabei um Ehepartner, die sich nach 24 Ehejahren kurz vor deren 50. Geburtstag scheiden ließen. Aus der Ehe sind zwei Töchter im Alter inzwischen 15 und 20 Jahren hervorgegangen.

Hinsichtlich der Dauer und der Höhe des Unterhaltsanspruchs hat der BGH neben der Ehedauer auch die gelebte Rollenverteilung (Mann arbeitet, Frau betreut die Kinder) berücksichtigt. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute sind von Bedeutung, so dass auch entscheidend ist, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben den eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen ist. Im Gegenzug ist auch zu berücksichtigen, in welchem Maße der Unterhaltspflichtige unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten durch die Unterhaltszahlung gegenüber der Ehefrau belastet wird. Auch die Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen kann bedeutsam sein. Auch einen geleisteten Zugewinnausgleich in Höhe von immerhin 90.000,00 Euro, den die Ehefrau vom Ehemann erhalten habe, ändere nichts daran, dass der Ehefrau eine Übergangsphase zwischen den eheprägenden Verhältnissen mit dem guten Einkommen des Ehemannes und der wirtschaftlichen Eigenständigkeit einzuräumen sei. Dieser Zeitraum sei vorliegend großzügig zu bemessen.

Diese wesentlichen Aspekte waren im vorliegenden Fall zu berücksichtigen und der Bundesgerichtshof hat die vom Oberlandesgericht Köln in der Vorinstanz zu Beginn gebilligte Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes von monatlich rund 1400 € für insgesamt zwölf Jahre als angemessen erachtet, wobei nach acht Jahren diese Unterhaltssumme zu halbieren sei. Das OLG Köln hatte in der Vorinstanz auch darauf hingewiesen, dass die Ehefrau die beiden gemeinsamen Töchter überwiegend betreut habe und daher der Zeitraum von zwölf Jahren angemessen sei.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, www.fachanwalt-gralle.de

Neuer Lebensgefährte – trotzdem Ehegattenunterhalt?

Beim Ehegattenunterhalt gilt der Grundgedanke: wer eheähnlich lebt, braucht nicht mehr den Schutz der alten Ehe.

Bei Bestehen einer neuen „verfestigten Lebensgemeinschaft“ muss der Ehepartner damit rechnen, dass die fortdauernde Verantwortung des anderen Ehegatten immer mehr zurücktritt und es diesem unzumutbar werden kann, weiterhin Unterhalt zu zahlen.

Zu klären ist, ob mit dem neuen Partner die Beziehung derart eng ist, dass dieser sich endgültig aus der ehelichen Solidarität herausgelöst hat und zu erkennen gibt, dass er diese (und damit das Unterhaltsgeld) nicht mehr benötigt. Die Rechtsprechung verlangt als wichtige Voraussetzung eine Mindestdauer der Verbindung, die zumindest bei zwei bis drei Jahrenliegt. Erst dann kann sich verlässlich klären lassen, ob die neuen Partner nur „probeweise“ zusammen leben oder auf Dauer in einer gefestigten Gemeinschaft leben.

So hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Jahre 2012 eine Verfestigung angenommen bei einem Paar, das zwei Jahre gemeinsam eine Wohnung mietet, sich bei der Führung einer Gaststätte gegenseitig unterstützt und als Paar in der Öffentlichkeit auftritt. Gleiches gilt für eine Entscheidung des OLG Oldenburg (2016). Dort hatte der neue Lebensgefährte der Ehefrau sein Haus für deren Einzug renoviert. Gemeinsame Urlaube und gemeinsame Feiern haben eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau ergeben, obwohl die Beziehung noch keine zwei Jahre dauerte.

Das OLG Brandenburg hat bei einer Partnerschaft von 18 Monaten ohne weitere besondere Umstände eine Verfestigung abgelehnt (Entscheidung aus dem Jahre 2012). Auch das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 2012 eine Verfestigung nicht angenommen, obwohl die neuen Partner wechselseitige Besuche absolvieren und sich seit zwei Jahren bei der täglichen Hausarbeit unterstützen.

Es bleibt also festzuhalten, dass es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, ob eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen des einen Ehepartners (meistens der Ehefrau) in Betracht kommt.

Auch ohne gemeinsames Wirtschaften (getrennte Haushalte und getrennte Konten) kann eine Verfestigung angenommen werden, wenn die Partner seit fünf Jahrenin der Öffentlichkeit, also zum Beispiel ein gemeinsamer Besuch des Oldenburger Kramermarkts, bei gemeinsamen Urlauben und der Freizeitgestaltung als Paar auftreten sowie Feiertage (insbesondere Weihnachten und Silvester) und Familienfeste zusammen mit Familienangehörigen verbringen.

Ob eine verfestigte Lebensgemeinschaft in Betracht kommt, muss gegebenenfalls auch durch Anhörung von Zeugen geklärt werden. Insbesondere der neue Lebenspartner kommt als Zeuge in Betracht, da dieser über die neue Beziehung konkrete Angaben zur Intensität und Dauer machen kann. Eine gefestigte Rechtsprechung besteht insgesamt nicht mehr.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, zugleich Fachanwalt für Familienrecht, www.fachanwalt-gralle.de

Einkommen verschwiegen – Unterhalt verwirkt

Eine verheiratete Frau aus Aurich hatte sich von ihrem Ehemann getrennt und verlangte von diesem Trennungsunterhalt. Dabei hat die Ehefrau eine eigene Teilzeitbeschäftigung mit einem Einkommen in Höhe von 450 Euro monatlich verschwiegen. Sie hat ausdrücklich mitgeteilt, über eigene Einkünfte nicht zu verfügen. Sie erziele ausschließlich Einnahmen aus Kindergeld und geliehenem Geld aus der Verwandtschaft. Der Ehemann ist der Auffassung, dass das Verschweigen von eigenen Einkünften dazu führe, dass Unterhaltsansprüche verwirkt seien und er als Ehemann nicht mehr verpflichtet sei, Unterhalt für die Trennungszeit zu zahlen.

Nachdem das Familiengericht in Aurich zunächst der Ehefrau recht gegeben hatte, hat nunmehr das Oberlandesgericht Oldenburg (Aktenzeichen 3 UF 92/17) aktuell entschieden, dass ein bewusstes Verschweigen oder Ableugnen von Einkünften mit dem Ziel, unrechtmäßigen Unterhalt zu erlangen, zum Verlust von Unterhaltsansprüchen führen kann.

Ein solches Fehlverhalten stelle einen Verfahrensbetrug zum Nachteil des Ehemannes dar, da die Ehefrau verpflichtet sei, die eigenen Einkommens-Verhältnisse richtig und vollständig mitzuteilen. Nur dann sei eine konkrete Beurteilung der Unterhaltsverpflichtung möglich. Das unterhaltsrechtliche Verhältnis zwischen Eheleuten sei durch ein besonderes Maß an Treu und Glauben geprägt.

Hätte die Ehefrau ihr Einkommen korrekt angegeben, wäre die Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes geringer ausgefallen. Das Verschweigen führe zu einem Ausschluss des Unterhaltsanspruchs, zumal dieser Ausschluss die Ehefrau auch nicht unangemessen hart treffe. Denn sie sei, so das Oberlandesgericht, in der Lage, für den eigenen Unterhalt durch eigene berufliche Tätigkeit und mietfreies Wohnen zu sorgen.

Das Verschweigen von eigenen Einkünften kann sowohl beim Unterhalt nach der Scheidung als auch während der Trennungszeit zur Verwirkung führen. Es kommt dabei auch auf die Umstände des Einzelfalls an.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, zugleich Fachanwalt für Familienrecht (Oldenburg), www.fachanwalt-gralle.de

Umzug zum Arbeitsort kann zur Kostenersparnis zugemutet werden

Eltern sind gegenüber eigenen minderjährigen Kindern verpflichtet, alle verfügbaren Mittel für den eigenen und den Kindesunterhalt gleichmäßig zu verwenden. Im Falle der Trennung der Eltern betreut ein Elternteil das Kind in Form von Verpflegung, Kleidung und Bereitstellung von Wohnraum. Der andere Elternteil erbringt den Barunterhalt, er zahlt also eine monatliche Unterhaltsrente für das Kind. Bei engen wirtschaftlichen Verhältnissen stellt sich für denjenigen, der Unterhaltszahlungen erbringen muss (meist der Vater) die Frage, was zu tun ist, um den Unterhalt der eigenen Kinder sicherzustellen. In einem aktuellen Fall hat das Oberlandesgericht Oldenburg (Aktenzeichen 3 UF 79/17) deutlich gemacht, dass der unterhaltspflichtige Vater zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation die Fahrtkosten vom Wohnort zum Arbeitsort minimieren muss, um durch ersparte Benzinkosten mehr Unterhalt für seinen fünfjährigen Sohn, der in Ostfriesland lebt, zahlen zu können.

Im vorliegenden Fall wohnt der Vater 20 km nördlich von Stade in der Nähe von Wischhafen, der Arbeitsort liegt jedoch mehr als 20 km südlich von Stade, sodass monatliche Fahrtkosten in Höhe von rund 400,00 Euro anfallen. Das OLG Oldenburg hat deutlich gemacht, dass dem Kindesvater ein Umzug an den Arbeitsort zumutbar war und ist. Die neue Freundin des Kindesvaters sei arbeitslos, der aus dieser Beziehung entstandene zweite Sohn sei gerade erst ein halbes Jahr alt, sodass durchgreifende Gründe, die gegen einen Umzug sprechen können, nicht ersichtlich seien.

Dem Kindesvater muss jedoch auch die Gelegenheit gegeben werden, die bisherige Wohnung zu kündigen, eine neue Wohnung in der Nähe des Arbeitsortes zu suchen und auch einen kostengünstigen Umzug organisieren zu können.

Mit den Fahrtkosten von 400 Euro monatlich war der Kindesvater nicht in der Lage, neben seinem Selbstbehalt (Eigenanteil) in Höhe von 1080 Euro für die eigene Wohnung, die eigene Kleidung und die eigene Nahrung noch Kindesunterhalt aufzubringen. Wenn er an seinen Arbeitsort umziehe, falle ein Großteil der Fahrtkosten weg, von dieser Ersparnis sei der Kindesunterhalt – im vorliegenden Fall in Höhe von über 100,00 Euro – dann aufzubringen, so die Oldenburger Familienrichter.

Eine Herabsetzung des Selbstbehalts beim Kindesvater auf einen Betrag von unter 1080 Euro kommt nur in Betracht, wenn die neue Lebensgefährtin ihrerseits über eigenes Einkommen verfügt und nicht nur von Sozialhilfe lebt.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, zugleich Fachanwalt für Familienrecht. www.fachanwalt-gralle.de

Kein Extra-Geld für Kinderkleidung

Bestehen zwischen den Eltern von Kindern Spannungen, so führen diese Spannungen nicht nur zur Belastung bei den Kindern, sondern auch bei den jeweiligen Eltern selbst. Die emotionalen Schwierigkeiten auf Paarebene spiegeln sich in der täglichen Praxis wider.

Zwei Söhne, sieben und neun Jahre alt, lebten nach der Trennung der Eltern bei der Kindesmutter. Beide Eltern hatten die gemeinsame elterliche Sorge. Zwischen den Eltern wurde vereinbart, dass die Mutter zu den Umgangskontakten beim Vater eine bestimmte Kleidung, bestimmte Anzahl von Schuhen sowie eine bestimmte Tennisausrüstung mitzugeben hatte. Die Mutter hat sich an die Vereinbarung nicht gehalten und war der Auffassung, der Kindesvater, Zahnarzt, könne die Kleidung für seine beiden Jungs selbst zahlen. Dem ist das Kammergericht (KG) Berlin in einer aktuellen Entscheidung von Anfang März 2017 (Aktenzeichen 13 WF 39/17) nicht gefolgt. Es hat der Mutter aufgegeben, die Vereinbarung einzuhalten. Denn es sei die Pflicht des betreuenden Elternteils, sich loyal zu verhalten und die eigenen Kinder mit der für den Umgang erforderlichen Bekleidung auszustatten. Dazu zähle Kleidung und Wechselwäsche.

Denn die Bekleidung des Kindes ist Bestandteil des Unterhaltsanspruchs. Vorliegend zahlt der Kindesvater Kindesunterhalt und deckt damit den sogenannten Barbedarf des Kindes ab, die Kindesmutter erbringt Betreuungsleistungen. Die Unterhaltszahlungen des Vaters sind gerade dazu bestimmt, um für das Kind Bekleidung anzuschaffen. Es könne, so das Berliner Familiengericht, keine Rede davon sein, dass es Sache des Vaters sei, die beiden Söhne beim Umgang mit der erforderlichen Kleidung auszustatten. Die Ausstattung obliege grundsätzlich der Mutter, dabei sei nicht ausgeschlossen, dass das eine oder andere Kleidungsstück auch einmal vom Vater beigesteuert wird.

Weil die Kindesmutter die Umgangsvereinbarung mit der Kleidungsregelung nicht eingehalten hatte, wurde gegen sie ein Ordnungsgeld in Höhe von immerhin 500 Euro festgesetzt, diese Regelung hat das KG bestätigt. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass Umgangsvereinbarungen in sowohl hinsichtlich des Übergabeortes, des Beginns und des Endes einschließlich Uhrzeiten sowie der Regelung zu Kleidung so genau wie möglich zu fassen sind. Dies gilt auch für Ferienzeiten und insbesondere für Feiertage, die immer wieder Konfliktpotenzial beinhalten.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle (Oldenburg), zugleich Fachanwalt für Familienrecht.

Neue Beziehung – nach einem Jahr kein Ehegattenunterhalt mehr

Grundsätzlich schuldet der wirtschaftlich stärkere Ehepartner dem finanziell schwächeren Unterhalt. Dies gilt sowohl während der Ehe als auch für die Zeit nach der Scheidung. Hat ein Ehepartner während der Zeit der Trennung oder nach der Scheidung eine enge Beziehung zu einem neuen Lebensgefährten, so können Unterhaltsverpflichtungen ausscheiden, die Gerichte sprechen von einer sogenannten Verwirkung des Unterhalts.

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat in einer aktuellen Entscheidung vom 16. November 2016 (Aktenzeichen 4 UF 78/16) beschlossen, dass bereits nach einem Jahr eine Verwirkung vorliegen kann.

Die unterhaltsberechtigte Ehefrau war im vorliegenden Fall im Frühjahr 2013 erstmals bei ihrem damaligen Bekannten zu Besuch und hat mit dem Sohn dort Ostern gefeiert, anschließend fuhr das Paar zu einem Kurzurlaub nach London. Bereits im Sommer 2013 unterstützte die Ehefrau ihren neuen Lebensgefährten mit einem Darlehen von mehreren 1000 Euro bei der Renovierung dessen Einfamilienhauses. Für den ehelichen Sohn wurde dort ein Zimmer eingerichtet. Der neue Lebensgefährte nahm auch an Gesprächen bei Mitarbeitern des Jugendamtes teil.

Diese Gesamtsituation lässt es nach Auffassung des OLG Oldenburg zu, die grundsätzlich anzunehmende Verwirkungsfrist von zumindest zwei Jahren deutlich zu verkürzen. Es sei eine verfestigte Lebensgemeinschaft anzunehmen, da nach außen deutlich geworden sei, dass sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte (hier die Ehefrau) einen neuen Partner nachhaltig zugewandt habe und sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herausgelöst habe und zu erkennen gebe, dass er diese Solidarität nicht mehr benötige. Die neue Beziehung habe zumindest nach einem Jahr einen gewissen Grad der Verfestigung erreicht. Unterhaltsansprüche stehen der Ehefrau auch während der Trennungszeit und damit schon vor der Scheidung nicht mehr zu.

Das in der ersten Instanz zuständige Amtsgericht Cloppenburg hatte eine Verwirkung nach zwei Jahren und einem Monat Beziehung angenommen und damit zunächst den üblichen Verwirklichungszeitraum berücksichtigt.

Es gilt: eine Verwirkung nach einem Jahr ist weiterhin eine Ausnahmesituation und auch in Zukunft ist jeder Fall einzeln zu betrachten.

Autor des Beitrages: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Henning Gralle, Oldenburg

NWZ-Artikel: Neue Beziehung – nach einem Jahr kein Ehegattenunterhalt mehr

Arbeitspflicht nach der Trennung: sechs Monate Übergangszeit

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehe sind geprägt durch die Einkommen des Ehemannes und der Ehefrau. Häufig ist die Konstellation so, dass nur ein Ehepartner arbeitet, der andere kümmert sich um den Haushalt. Nach der Trennung hat der nicht erwerbstätige Ehegatte bzw. der Ehegatte, der nur Teilzeit arbeitet, eine Orientierungsphase, in der er sich um sein finanzielles Auskommen selbst kümmern muss. Denn jeder ist verpflichtet, für seinen Unterhalt selbst zu sorgen, indem er Vollzeit arbeitet.

Die Orientierungsphase nach der Trennung vom Ehepartner beträgt in der Regel ein Jahr. Das Oberlandesgericht Koblenz (Aktenzeichen 7 WF 120/16) hat in einer aktuellen Entscheidung beschlossen, dass bereits vor Ablauf des Trennungsjahres von zwölf Monaten eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen bzw. eine bereits ausgeübte Erwerbstätigkeit auf eine Vollzeittätigkeit heraufzusetzen sei.

Die Ehefrau trennte sich von ihrem Mann im April 2015 und war der Auffassung, dass sie zumindest bis März 2016 nicht arbeiten müsse, da dies auch während der intakten Ehe bereits so gewesen sei. Der Ehefrau war zuzumuten, ihre nur wenige Monate ausgeübte Erwerbstätigkeit als Diplom-Betriebswirtin bei einer Steuerberaterfirma fortzusetzen und auszuweiten. Diese Stelle hatte die Ehefrau allerdings mit Ablauf der Probezeit verloren. Die weiteren Bemühungen von drei Bewerbungen in acht Monaten waren nach Auffassung der Familienrichter in Koblenz völlig unzureichend, für den eigenen Unterhalt selbst zu sorgen. Es sei vorliegend anzunehmen, dass die Ehefrau innerhalb von sechs Monaten hätte eine Arbeit finden können. Unterhaltsansprüche nach Ablauf der sechsmonatigen Trennungszeit stehen der Ehefrau jedenfalls nicht zu.

Es bleibt festzuhalten, dass der Ehepartner, der nur Teilzeit oder gar nicht berufstätig ist, sich nach der Trennung zeitnah und intensiv um eine berufliche Tätigkeit kümmern muss mit dem Ziel, Vollzeit zu arbeiten. Es reicht im Einzelfall nicht immer aus, während der ersten zwölf Monate nach der Trennung nichts zu tun und in dem wirtschaftlichen Zustand aus der Zeit der intakten Ehe zu verharren. Einen Automatismus, zwölf Monate den Status quo der ehelichen Lebensverhältnisse ohne eigene Arbeitsbemühungen genießen zu können, gibt es nicht.

Autor des Beitrages: Rechtsanwalt Henning Gralle, zugleich Fachanwalt für Familienrecht aus der Fachanwaltskanzlei Seidelmann, Garms und Gralle, Oldenburg

Erwerbstätigkeit zeitnah aufnehmen