OLG Oldenburg: Sorgerecht auch für den Vater

140px-NWZ-LogoSeit Mai 2013 gilt die gesetzliche Regelung, dass die elterliche Sorge beiden Elternteilen gemeinsam zusteht. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die gemeinsame Sorgerechtsausübung dem Wohle des Kindes widerspricht. Voraussetzung für die gemeinsame Sorge ist, dass die Eltern zumindest in wesentlichen Punkten miteinander reden können.

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat in einer Entscheidung vom 25. Februar 2015 betont, dass der Vater eines zwölfjährigen Sohnes und einer zehnjährigen Tochter nunmehr mit der Mutter das Sorgerecht gemeinsam ausüben muss. Das bedeutet, beide Eltern müssen zusammen entscheiden, zu welcher Schule die Kinder gehen, welche Ausbildung absolviert wird oder wann ein Führerschein in Betracht kommt. Beide Kinder wurden unehelich geboren, gemeinsame Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben. Seit der Geburt der Kinder im Jahre 2002 bzw. 2004 war die Mutter also allein sorgeberechtigt.

Das OLG (Aktenzeichen 4 UF 169/14) hat deutlich gemacht, dass der Kindesvater um das Kindeswohl bemüht sei. Er hat der Umschulung seiner Tochter in eine Förderklasse zugestimmt. Auch steht er mit den Lehrern beider Kinder in Kontakt. Den Bemühungen des Kindesvaters in zahlreichen Umgangsverfahren während der vergangenen zehn Jahre sei es zu verdanken, dass die beiden Kinder zum Vater eine enge Beziehung hätten. Die Einschätzung der Kindesmutter, dass gemeinsame Entscheidungen im Sinne der Kinder nicht möglich seien, war nach Auffassung des Gerichts wenig konkret.

Das Gericht erklärt, dass eine Verbesserung der Situation für die beiden Schüler infolge der für die Eltern bestehenden Anforderung, im Sinne der Kinder zu kooperieren, zu erwarten sei. Denn die Eltern müssen zum Wohle und im Interesse ihrer Kinder zu gemeinsamen Entscheidungen kommen. In Angelegenheiten des täglichen Lebens (Kauf von Nahrungsmitteln oder Kleidung, routinemäßige Arztbesuche) kann die Mutter allein entscheiden.

Im Ergebnis ist die Oldenburger Entscheidung ein gutes Signal für sorgewillige Väter, bei Entscheidungen für eigene Kinder mitzubestimmen. Denn die Mutter muss im Gegenzug Argumente vorbringen, warum sie allein entscheiden will.

Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Henning Gralle – Fachanwaltskanzlei Seidelmann, Garms und Gralle, Alexanderstraße 111, Oldenburg. Tel. 0441/96 94 81 40 oder gralle@fachanwaelte-ol.de.

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