Kein Sorgerechtsentzug bei versäumten U-Untersuchungen

Gesundheitsfürsorge bleibt bei Mutter 

Damit Kinder gesund aufwachsen sowie Krankheiten früh erkannt und behandelt werden können, bieten Krankenversicherungen die Untersuchungen zur Früherkennung (sogenannte U1- bis U9-Untersuchungen) in den ersten sechs Lebensjahren des Kindes an.

In einen aktuellen Fall aus Hessen hatte eine allein sorgeberechtigte Mutter diese Untersuchungen für ihre beiden Kinder versäumt. Das Familiengericht erster Instanz hatte der Kindesmutter daraufhin die Gesundheitsfürsorge entzogen und dem Jugendamt übertragen. Dies erfolgte jedoch zu Unrecht, wie nunmehr das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt in einer Entscheidung vom Mai feststellt (Aktenzeichen 4 UF 19/23).

Untersuchungen versäumt

Denn das Kinderschutzgesetz in Hessen verzichte auf eine zwangsweise Durchsetzung der Teilnahme an diesen Untersuchungen und begründe die lediglich den Auftrag an das zuständige Jugendamt, zu ergründen, ob möglicherweise Gefahren für das Kind aufgrund der fehlenden Untersuchungen möglich seien.

Das OLG sieht keine Kindeswohlgefährdung allein durch das Versäumen der Untersuchung. Erst wenn feststellbar sei, dass der Gesundheitszustand der Kinder auffällig sei, könnten weitere Prüfungsmaßnahmen in Betracht kommen. Im laufenden Verfahren konnte auch das Gericht keine Hinweise auf familiäre oder erzieherische Defizite feststellen. Familienrechtliche Maßnahmen schieden daher nach Auffassung des OLG aus.

Kein Eingreifen des Familiengerichts

Auch in Niedersachsen hat das Gesetz zur Früherkennungsuntersuchung zum Ziel, die Gesundheit von Kindern zu fördern und den Kinderschutz zu verbessern. Hierzu gibt es ein verbindliches Einladungs- und Meldewesen, seit 2010 werden die Eltern von in Niedersachsen lebenden Kindern zu den Untersuchungen U5 bis U8 eingeladen. Ein Zwang zur Teilnahme besteht jedoch nicht. Das örtliche Jugendamt wird dann über ausbleibende Untersuchungen informiert und entscheidet selbstständig, ob Maßnahmen zu ergreifen sind.

Ergebnis

Das Jugendamt prüft in eigener Verantwortung, ob es das Familiengericht bei ausbleibenden Untersuchungen informiert. Diese Entscheidung des Jugendamtes unterliegt allein dem fachlichen Ermessen der dortigen Mitarbeiter und ist einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich. Erst mit Anrufung des Familiengerichts hat dieses gegebenenfalls Kindeswohl-Maßnahmen zu ergreifen.