Neuer Lebensgefährte – trotzdem Ehegattenunterhalt?

Beim Ehegattenunterhalt gilt der Grundgedanke: wer eheähnlich lebt, braucht nicht mehr den Schutz der alten Ehe.

Bei Bestehen einer neuen „verfestigten Lebensgemeinschaft“ muss der Ehepartner damit rechnen, dass die fortdauernde Verantwortung des anderen Ehegatten immer mehr zurücktritt und es diesem unzumutbar werden kann, weiterhin Unterhalt zu zahlen.

Zu klären ist, ob mit dem neuen Partner die Beziehung derart eng ist, dass dieser sich endgültig aus der ehelichen Solidarität herausgelöst hat und zu erkennen gibt, dass er diese (und damit das Unterhaltsgeld) nicht mehr benötigt. Die Rechtsprechung verlangt als wichtige Voraussetzung eine Mindestdauer der Verbindung, die zumindest bei zwei bis drei Jahrenliegt. Erst dann kann sich verlässlich klären lassen, ob die neuen Partner nur „probeweise“ zusammen leben oder auf Dauer in einer gefestigten Gemeinschaft leben.

So hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Jahre 2012 eine Verfestigung angenommen bei einem Paar, das zwei Jahre gemeinsam eine Wohnung mietet, sich bei der Führung einer Gaststätte gegenseitig unterstützt und als Paar in der Öffentlichkeit auftritt. Gleiches gilt für eine Entscheidung des OLG Oldenburg (2016). Dort hatte der neue Lebensgefährte der Ehefrau sein Haus für deren Einzug renoviert. Gemeinsame Urlaube und gemeinsame Feiern haben eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau ergeben, obwohl die Beziehung noch keine zwei Jahre dauerte.

Das OLG Brandenburg hat bei einer Partnerschaft von 18 Monaten ohne weitere besondere Umstände eine Verfestigung abgelehnt (Entscheidung aus dem Jahre 2012). Auch das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 2012 eine Verfestigung nicht angenommen, obwohl die neuen Partner wechselseitige Besuche absolvieren und sich seit zwei Jahren bei der täglichen Hausarbeit unterstützen.

Es bleibt also festzuhalten, dass es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, ob eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen des einen Ehepartners (meistens der Ehefrau) in Betracht kommt.

Auch ohne gemeinsames Wirtschaften (getrennte Haushalte und getrennte Konten) kann eine Verfestigung angenommen werden, wenn die Partner seit fünf Jahrenin der Öffentlichkeit, also zum Beispiel ein gemeinsamer Besuch des Oldenburger Kramermarkts, bei gemeinsamen Urlauben und der Freizeitgestaltung als Paar auftreten sowie Feiertage (insbesondere Weihnachten und Silvester) und Familienfeste zusammen mit Familienangehörigen verbringen.

Ob eine verfestigte Lebensgemeinschaft in Betracht kommt, muss gegebenenfalls auch durch Anhörung von Zeugen geklärt werden. Insbesondere der neue Lebenspartner kommt als Zeuge in Betracht, da dieser über die neue Beziehung konkrete Angaben zur Intensität und Dauer machen kann. Eine gefestigte Rechtsprechung besteht insgesamt nicht mehr.

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, zugleich Fachanwalt für Familienrecht, www.fachanwalt-gralle.de