Vollmacht statt Sorgerechtsentzug
Jugendamt kann mit Sorgevollmacht der Mutter umfassend agieren
Wenn eine reine Passivität des sorgeberechtigten Elternteils für sich gesehen bei einer dem Jugendamt erteilten umfassenden Vollmacht keine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für das Kindeswohl darstellt, ist eine Entziehung der elterlichen Sorge unverhältnismäßig und daher nicht zulässig.
Mit Erfolg hat sich eine Mutter gegen die Bestrebungen des Jugendamtes durchgesetzt, ihr die elterliche Sorge für die beiden Kinder im Alter von 15 und 11 Jahren zu entziehen.
Das Oberlandesgericht Oldenburg (Aktenzeichen 33 UF 33/20) hat eine Entscheidung des Familiengerichts Nordhorn aufgehoben. Das Gericht erster Instanz hatte aufgrund des Verbleibs der beiden minderjährigen Kinder in jeweiligen Pflegefamilien eine körperliche, geistige oder seelische Gefährdung des Kindeswohls gesehen und daher zur Gefahrenabwehr einen Vertreter des Jugendamtes zum Vormund des Kindes bestellt.
Welche Maßnahme dient dem Kindeswohl?
Das OLG hat mit Beschluss vom November 2020 festgestellt, dass für die Entziehung der elterlichen Sorge und die Übertragung auf das Jugendamt als Vormund kein Grund vorliege. Eine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Entwicklung der beiden Kinder, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls der Kinder mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt, ist nicht ersichtlich. Beide Kinder lebten seit 2013 in unterschiedlichen Pflegefamilien, in denen sie sich nach eigenen Angaben sehr wohl fühlen und auch nach Angaben des Jugendamtes und der Verfahrensbeiständin gut betreut und versorgt werden.
Soweit die Kinder bereits Schädigungen an ihrem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl erlitten haben, lassen sich diese Folgen durch den nachträglichen Entzug der elterlichen Sorge nicht beseitigen.
Umfassende Vollmacht für das Jugendamt
ja ja Vielmehr hat die Mutter zur Abwehr einer Entziehung der elterlichen Sorge dem Jugendamt eine umfassende Sorgerechtsvollmacht für die minderjährigen Kinder erteilt, wodurch dieses weiterhin in der Lage ist, in allen wesentlichen Bereichen am Wohl der Kinder orientierte Entscheidungen zu treffen.
Die vom Jugendamt kritisierte und auch von den Kindern in ihrer jeweiligen Anhörung ohne wirkliches Bedauern geschilderte Passivität der Mutter stellt für sich gesehen keine Gefahr für das Wohl der Kinder dar. Dass die Mutter hier entgegen der erteilten Vollmacht im Kindeswohlinteresse liegende Entscheidungen zu „torpedieren“ versucht, ergibt sich weder aus dem Antrag noch aus den Berichten des Jugendamtes oder der Verfahrensbeiständin.