Sparbuch – Besitz ist nicht alles
Der Streit um Geld zwischen Eltern und Kind
Nicht selten legen Eltern im Namen ihrer Kinder Sparbücher an. Wem das Geld aber im Streitfall gehört, sei immer eine Frage des Einzelfalles, so der BGH – und stellt klar, dass allein der Besitz am Sparbuch kein aussagekräftiges Indiz ist.
Viele Eltern legen für ihr Kind Geld beiseite. Wem das Ersparte bei einem Streit aber letztlich gehört, hänge immer vom Einzelfall ab, so der Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe in einer aktuellen Entscheidung, die vor wenigen Wochen getroffen wurde (Beschluss vom 17.07.2019, Aktenzeichen XII ZB 425/18). Demnach ist nicht automatisch davon auszugehen, dass die Eltern über das Guthaben selbst verfügen wollten, nur weil sie das Sparbuch bei sich behalten und nicht ihrem Kind ausgehändigt haben.
Geklagt hatte eine inzwischen 22 Jahre alte Frau, die ihrem Vater auf Zahlung von 17300 Euro in Anspruch nimmt. Dieses Geld hatte der Vater 2010 und 2011 ohne Rücksprache mit Ehefrau oder Tochter von dem kurz nach der Geburt der Tochter eröffneten Sparkonto abgehoben. Die Tochter bekam das Sparbuch Anfang 2015, inzwischen volljährig, überreicht – mit einem Guthaben von noch 242 Euro.
Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) hatte die Klage noch abgewiesen und das vor allem damit begründet, dass die Tochter das Sparbuch nie besessen habe. Damit hat es sich die Vorinstanz aber zu einfach gemacht, so der BGH.
In ihrer Entscheidung, die die Frage der elterlichen Vermögenssorge umfasst, erläuterten die Richter zunächst, wonach sich die Kontoinhaberschaft bei einem Sparbuch grundsätzlich richte. Demnach sei Kontoinhaber „derjenige, der nach dem erkennbaren Willen des das Konto eröffnenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll“. Indizielle Wirkung komme zwar auch den Besitzverhältnissen am Sparbuch zu, da dadurch in der Regel suggeriert wird, dass der Besitzer sich die Verfügung über das Sparguthaben vorbehalten will.
Der BGH stellt aber gleichzeitig klar, dass die Besitzfrage insbesondere im Verhältnis von Großeltern zu ihren Enkeln von großer Bedeutung sei. Ob diese Rechtsprechung ohne Einschränkungen auf das Verhältnis zwischen Eltern und Kind übertragbar ist, ist nach Auffassung des BGH umstritten. Denn es sei nicht unüblich, dass Familien das angesparte Geld auch als Reserve für finanzielle Engpässe sähen. Ebenso gut vorstellbar sei aber auch, dass die Eltern das Sparbuch nur aufbewahren, damit das Kind dieses nicht verliert. Aus dem Besitz allein lasse sich deshalb noch nicht viel herauslesen, so die Karlsruher Richter.
Berücksichtigt werden müssten etwa auch der Name, auf den das Konto lauten soll, und die Mittel, mit denen das Guthaben angespart wird. Der jungen Frau könne es daher zum Nachteil gereichen, dass das Sparguthaben ausschließlich aus dem Vermögen der Eltern stammt. Taschengeld oder Geldgeschenke zum Geburtstag etwa wurden nie eingezahlt. Auch die Tatsache, dass die Frau das Sparbuch nicht ausgehändigt bekam, als sie rechtlich alt genug dafür war, sei zu berücksichtigen.
Das OLG muss daher nun erneut über den Fall entscheiden. Dabei darf es seinen Blick nicht zu sehr auf die Besitzverhältnisse beschränken, sondern muss auch die anderen Umstände des Einzelfalles berücksichtigen.
Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, Oldenburg