Wer betreut, der bestimmt auch
Während des Umgangs mit dem Kind kann der Vater frei entscheiden
Der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, ist mit der Ausgestaltung der Umgangskontakte nicht einverstanden. Sei es, dass der andere Elternteil zu umfangreiche Fernsehzeiten gewährt, eine aus Sicht des anderen Elternteils „ungesunde“ Nahrung ermöglicht oder einfach während des Umgangs Aktivitäten plant, mit denen der andere Elternteil – aus welchen Gründen auch immer – nicht einverstanden ist.
Nicht selten zeigt sich aber auch, dass die geltend gemachten Bedenken weniger in der berechtigten Sorge um das Kindeswohl wurzeln, sondern eher in der Paarproblematik ihre Begründung finden.
Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat in einer aktuellen Entscheidung vom Frühjahr 2020 (Aktenzeichen 13 UF 125/19) zu folgendem Fall entschieden:
Der Antragsteller war durch gerichtlichen Vergleich zum Umgang mit seinen beiden Söhnen berechtigt, wobei der Umgang mit dem älteren Sohn von Donnerstag nach dem Schul- beziehungsweise Hortaufenthalt bis Montag zum Schulbeginn und mit dem jüngeren Sohn von Freitag nach der Kita bis Sonntag um 18 Uhr ausgeübt wurde.
Kind vor verschlossener Kita
Die Kinder waren spätestens um 16.00 Uhr von der Schule bzw. Kita abzuholen. Den älteren Sohn hatte der Antragsteller aufgefordert, an den Umgangsfreitagen allein vom Schul-/Hortgebäude zum Kitagebäude seines Bruders zu gehen und dort auf den Vater zu warten. Nachdem das Kind an mindestens einem Freitag etwa 15 Minuten lang vor der verschlossenen Kitatür warten musste, forderte die Antragsgegnerin die Horterzieherin auf, es dem Kind nicht mehr zu erlauben, den Hort zu verlassen, um zur Kita zu gehen. Im gerichtlichen Verfahren forderte der Antragsteller, der Antragsgegnerin aufzugeben, das Verbot gegenüber dem Hort zurückzunehmen.
Das Oberlandesgericht entscheidet wie folgt: Die Art und Weise der Abholung des Kindes sind regelmäßig Bestandteil der Alltagssorge. Was aber Gegenstand der Alltagssorge ist, kann nicht gleichzeitig Umgangsmodalität sein. Ist daher ausdrücklich vereinbart, dass der Umgang nach der Schule beginnt, so ist der Moment des Schulschlusses der tatsächliche Beginn der Alltagssorge des umgangsberechtigten Vaters – auch wenn die Umgangsvereinbarung die Formulierung enthält, dass das Kind „spätestens um 16.00 Uhr“ von der Schule oder der Kita abzuholen ist.
Vater bestimmt Aufenthaltsort
Während der Dauer eines Umgangskontakts ist der Vater damit nicht nur zur Entscheidung über Angelegenheiten des täglichen Lebens berechtigt. Er bestimmt ebenso den Ort, an dem der Umgang stattfindet, das heißt den Aufenthaltsort des Kindes sowie die konkrete Ausgestaltung des Umgangs. Zu beachten sind allerdings die Belange des Kindes, etwa folgend aus gesundheitlichen Einschränkungen, sodass etwaigen Sicherheitsbedenken der Mutter auch nur in dem Umfang Rechnung zu tragen ist, als sie sich am Kindeswohl orientieren und nicht als rechtsmissbräuchlich zu werten sind.
veröffentlicht auf NWZ-Online am 19.05.20